Wann kann ein Gast den Reisepreis bei einer Hotelübernachtung mindern?
(hoga-presse) Diese Frage musste jüngst der Bundesgerichtshof entscheiden. Er hatte darüber zu befinden, wann ein Recht zur Minderung des Reisepreises bei Hotelüberbuchung besteht und ob davon auch ein Anspruch auf angemessene Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit verbunden ist.
Anspruch auf Riesepreisminderung nach § 651d Abs. 1 BGB?
Die Kläger begehren von dem beklagten Reiseveranstalter Minderung des Reisepreises nach § 651d Abs. 1 BGB sowie eine Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit nach § 651f Abs. 2 BGB. Die Kläger buchten im März 2015 eine Reise nach Antalya. Nach dem Reisevertrag sollten sie in einem bestimmten Hotel in einem Zimmer mit Meerblick oder seitlichem Meerblick wohnen. Wegen einer Überbuchung wurden sie jedoch für drei Tage in einem anderen Hotel untergebracht. Das Zimmer in diesem Hotel bot keinen Meerblick und wies schwerwiegende Hygienemängel auf.
Vorinstanzen gaben der Klage nur teilweise statt
Das Amtsgericht gab der Klage hinsichtlich einer Minderung des Reisepreises in Höhe von 605,19 € statt und wies sie im Übrigen ab. Auf die Berufung der Kläger sprach das Landgericht den Klägern eine weitere Minderung in Höhe von 371,36 € zu; die Berufung der Beklagten blieb ohne Erfolg.
Mit den vom Berufungsgericht zugelassenen Revisionen begehren die Kläger weiterhin die ihnen von den Vorinstanzen versagte Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit in Höhe von mindestens 1.250 € und die Beklagte eine Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils, soweit sie mit dem Berufungsurteil zu mehr als insgesamt 894,02 € verurteilt worden ist.
Beschwerde des Reiseveranstalters blieb erfolglos
Unbegründet ist nach dem Urteil des für das Reiserecht zuständigen X. Zivilsenats die Revision der Beklagten. Sie wendet sich ohne Erfolg dagegen, dass das Berufungsgericht bereits in der Unterbringung der Kläger in einem Hotel ähnlichen Standards und ähnlicher Ausstattung, das jedoch nicht das von den Klägern gebuchte war, einen Mangel gesehen hat, der für die betreffenden Urlaubstage zu einer Verringerung des geschuldeten Reisepreises um 10 % führt.
Der Wert der vom Reiseveranstalter tatsächlich erbrachten Leistung entsprach nämlich nicht dem Wert der gebuchten. Wie etwa „Fortuna-Reisen“ zeigen, bei denen der Reiseveranstalter Einzelheiten der Reise wie das Hotel nachträglich bestimmen darf, zahlt der Reisende, dem vertraglich ein bestimmtes Hotel versprochen wird, einen Teil des Reisepreises auch dafür, dass er diese Auswahl nach seinen persönlichen Vorlieben selbst trifft und gerade nicht dem Reiseveranstalter überlässt.
Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit zugesprochen
Die Revision der Kläger, mit der sie sich dagegen wenden, dass ihnen die Vorinstanzen eine Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit versagt haben, ist hingegen begründet. Der Bundesgerichtshof hebt insoweit das Berufungsurteil auf und spricht den Klägern eine Entschädigung in Höhe von 600 € zu. Das Berufungsgericht hat zwar im Ausgangspunkt zutreffend angenommen, dass der Anspruch auf eine angemessene Entschädigung nach § 651f Abs. 2 BGB voraussetzt, dass nicht nur einzelne Reiseleistungen oder einzelne Reisetage, sondern die Reise insgesamt vereitelt oder erheblich beeinträchtigt worden ist. Ob dies der Fall ist, hängt aber nicht davon ab, ob die Minderung des Reisepreises wegen Mängeln einzelner Reiseleistungen einen bestimmten Mindestprozentsatz des gesamten Reisepreises übersteigt.
Erhebliche Beeinträchtigung der Reise gegeben
Im Streitfall hat das Berufungsgericht eine erhebliche Beeinträchtigung der Reise zu Unrecht verneint. Es hat angenommen, dass die ersten drei von zehn Urlaubstagen ihren Zweck weitgehend nicht erfüllen konnten, weil die schwerwiegenden hygienischen Mängel des den Klägern zunächst zur Verfügung gestellten Hotelzimmers den Aufenthalt in diesem „schlechthin unzumutbar“ gemacht haben und der Tag des Umzugs in das gebuchte Hotel im Wesentlichen nicht zur Erholung dienen konnte; es hat den anteiligen Reisepreis für diese Tage deshalb als um 70 % bzw. 100 % gemindert angesehen.
Auch wenn die verbleibenden Tage von den Klägern uneingeschränkt für den Strandurlaub genutzt werden konnten, wird bei einer derart weitgehenden Entwertung eines Teils der nach Wochen oder Tagen bemessenen Urlaubszeit diese teilweise „nutzlos aufgewendet“ und damit auch die Reise insgesamt erheblich beeinträchtigt.
Urteil des BGH vom 21. November 2017 in dem Verfahren X ZR 111/16
Vorinstanzen:
AG Düsseldorf – Urteil vom 6. Mai 2016 – 44 C 423/15
LG Düsseldorf – Urteil vom 2. Dezember 2016 – 22 S 149/16
Quelle: Mitteilung der Pressestelle des Bundesgerichtshofs Nr. 184/2017 vom 21.11.2017
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